Der Schweizer Autor Andreas Schwab* erzählt in seinem gerade erschienenen Buch eine sehr persönliche Geschichte. Es geht um Alessandra, seine grosse Liebe in jungen Jahren, und deren frühen Tod.
Die beiden unternehmen in den 1990-er Jahren eine gemeinsame Reise nach Lateinamerika. Der Autor kehrt allein in die Schweiz zurück. Alessandra bleibt in La Paz, weil sie ein Praktikum bei einer Hilfsorganisation absolvieren will. Zwei Monate nach dem Abschied erreicht den Autor die Nachricht des plötzlichen Todes seiner Freundin. Alessandra starb am 27. Oktober 1996 in La Paz in Bolivien an einer Lungenembolie im Alter von 22 Jahren. Im Zentrum des Buches steht die Frage nach dem frühen Sterben und dem Umgang damit. Das Buch enthält viele wertvolle Überlegungen über Trauer und deren Verarbeitung bzw. Nicht-Verarbeitbarkeit. Doch vor allem erzählt Andreas Schwab das Leben und das unmittelbare Da-Sein im Gefühl der 1990-er Jahre.
Die Lebendigkeit, Direktheit und liebevolle «Frechheit» von Alessandra sind bestechend. Die junge Frau erinnert uns daran, wie das Leben eigentlich sein sollte – frei von Routinen und starren Strukturen. Eine Passage hat mir besonders gefallen, weil sie Alessandras kritischen Geist, aber auch das bereits entstandene Vertrauen zwischen ihr und dem Autor illustriert: «Wir diskutierten nicht wie zwei verfeindete Parteien, das nicht, dafür sassen wir zu nahe nebeneinander und berührten uns zu oft. Aber die Auseinandersetzung war ernst, wir diskutierten uns in eine Hitzigkeit hinein, die wir irgendwie auch genossen. Einmal warf mir Alessandra vor, ich würde allzu oft uneigentlich reden und sie ironisieren. Meine Argumentation trage paradoxe Züge. Ich würde unbeteiligt ein Wort wie einen Ball in die Luft werfen und schauen, wie der Hund danach schnappte. Jedes ernsthafte Argument löse sich so in eine Spiegelfechterei auf, werde zum Jux. Auf einmal sei nicht mehr klar, wer welche Position vertrete.»
Die Geschichte ist fragend und hinterfragend niedergeschrieben – sehr sensibel, aber nicht sentimental. Auszüge aus den Tagebüchern und Briefen der beiden Liebenden bringen eine wertvolle Unmittelbarkeit und Erlebbarkeit in den ganzen Text. Sie lassen den Leser und die Leserin unmittelbar an der Gegenwart (obwohl vergangen) teilhaben. Wenn Sie dieses Buch haben möchten, können Sie es mit der Karte, die dieser Ausgabe des Archipels beiliegt, bestellen.
Michael Rössler, EBF



