PALÄSTINA / LANDWIRTSCHAFT: Wiederaufbau in Gaza

de Philippe Pernot, Beirut, 30 oct. 2025, publié à Archipel 353

Während der Waffenstillstand in Gaza weiterhin fragil ist, hoffen Landwirtinnen und Landwirte darauf, schnell ihre politische und ihre Nahrungsmittel-Souveränität zurückzugewinnen, die den Eckpfeiler des Friedensprozesses bilden.

Auberginen und Gurken wachsen zwischen den Trümmern und tragen die Hoffnung einer leidenden Bevölkerung in sich. Drei Wochen nach Inkrafttreten des Waffenstillstands zwischen der Hamas und Israel stehen die Bewohner·innen Gazas vor einem Meer der Zerstörung und fragen sich, wie sie ihre Zukunft wiederaufbauen können. Für Samar Abo Saffia ist die Antwort einfach: pflanzen und noch mehr pflanzen.

In Deir el-Balah, einer Stadt im Zentrum des Gazastreifens, setzt die junge Agronomin ihr Projekt fort, das Land zu bewirtschaften, das durch zwei Jahre Konflikt verwüstet wurde. «Dank der Waffenruhe ist es einfacher geworden, landwirtschaftliche Geräte zu kaufen und die Pflanzen zu bewässern, also habe ich beschlossen, mein Projekt auszuweiten, von den Flüchtlingslagern auf die zerstörten Brachflächen, wo ich den Boden säubere, bevor ich ihn bepflanze», erklärt die Frau. Sie wurde durch die Angriffe etwa zehn Mal vertrieben, bevor sie sich schliesslich mit ihrem Mann hier niederliess.

Freude von kurzer Dauer

Am 10. Oktober trat nach wochenlangen Verhandlungen ein vom US-Präsidenten Donald Trump vermittelter Waffenstillstand offiziell in Kraft, flankiert von einem mehrstufigen Friedensplan: Der rechtsextreme Politiker verkündete sogar «das Ende des Krieges in Gaza». In den folgenden Tagen wurden 2000 palästinensische Gefangene, von denen die meisten seit dem 7. Oktober 2023 willkürlich festgenommen worden waren, im Austausch gegen die 20 noch lebenden israelischen Geiseln der Hamas und ihrer Verbündeten sowie gegen mehrere Leichen freigelassen.

«Die Stimmung in Deir el-Balah nach der Ankündigung des Kriegsendes war unglaublich, als wäre es ein Feiertag. Die Menschen waren von einer intensiven Freude erfüllt, der Freude, nach Hause zurückkehren zu können, der Freude, das Ende dieses schmerzhaften Albtraums zu sehen», berichtet Samar Abo Saffia gegenüber «Reporterre»1 über WhatsApp.

Für sie war Trumps Plan die «einzige Lösung, um den Tod in Gaza zu beenden», und er ist angemessen, «solange die Palästinenser·innen auf ihrem Land bleiben können», erklärt die Frau, die nun einen Master in Agronomie machen möchte, ein Traum, der lange Zeit durch die Qualen des Völkermordes begraben war. «Ich hoffe, dass Gaza wieder schön wird, dass es – unter Berücksichtigung der Umwelt – wieder richtig aufgebaut wird und dass ich ein schönes Haus haben werde, umgeben von Bäumen und Blumen, friedlich und ohne Krieg und Tod.»

Aber die Freude war nur von kurzer Dauer: Mehr als hundert Palästinenser·innen wurden am 29. Oktober bei israelischen Luftangriffen auf Gaza getötet, offiziell als Vergeltung für den Tod eines israelischen Soldaten durch die Hamas. Während die Umsetzung des Friedensplans von Zwischenfällen überschattet ist, hat Israel seit dem 10. Oktober 2025 insgesamt 200 Palästinenser·innen durch Luftangriffe, Maschinengewehr- und Panzerbeschuss getötet und die Einfuhr humanitärer Hilfe verlangsamt. Ein übliches Vorgehen für Israel, das «systematisch gegen die Waffenstillstandsabkommen in Gaza und im Libanon verstösst», meint Gabriella Neubert, Assistentin für Advocacy und Forschung bei der «Arabischen Naturschutzgruppe» (APN), einer palästinensisch-jordanischen Umweltorganisation. «Wir erkennen hier das übliche koloniale Szenario: ein Plan, der ohne jegliche Konsultation der Palästinenser·innen ausgearbeitet wurde, ähnlich wie die Osloer Abkommen, welche die Besatzung und Landnahme nur noch verstärkt haben.»

Seit März 2024 wurden im Rahmen des APN-Projekts «Revive Gaza’s Farmland» («Wiederbelebung der landwirtschaftlichen Flächen in Gaza») 126 Hektar Land bewirtschaftet und mehr als 6000 Tonnen Gemüse produziert. «Wir setzen uns für eine souveräne Wiederbelebung der Ernährungssysteme in Gaza ein, während der Plan von Trump die Zerstörung der landwirtschaftlichen Flächen vollendet, indem er sie statt für die Produktion von Gemüse und Getreide als Orte kolonialistischer und kapitalistischer Ausbeutung betrachtet», fügt sie hinzu und verweist dabei auf die luxuriösen Immobilienprojekte «Riviera», die der US-Präsident und sein Schwiegersohn Jared Kushner in der Enklave vorantreiben.

Frieden in den Händen des Volkes

Trumps glänzender Plan für Gaza, dessen Demografie und Topografie durch den Völkermord verändert wurde, kommt inmitten von Ruinen und zerbrochenen Träumen. Mehr als 68.200 Menschen wurden laut dem Gesundheitsministerium von Gaza direkt von der israelischen Armee getötet, hinzu kommen noch etwa zehntausend Leichen unter den Trümmern und Zehntausende von Todesfällen aufgrund von Hunger, Krankheiten und Umweltverschmutzung. 92 Prozent der Wohnhäuser sind beschädigt oder zerstört, ebenso wie 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen.

Das Untersuchungsteam «Forensic Architecture» (FA) enthüllt sogar, dass 90 Prozent der Pflanzenwelt durch Feuer, Bulldozer und Bomben zerstört wurden. Ein Drittel des Landes der Enklave sei durch diesen Ökozid zerstört worden, erklärt Samaneh Moafi, stellvertretende Forschungsdirektorin für den Nahen Osten. «Anhand von Satellitenbildern lässt sich ein systematisches Muster erkennen: Als die israelischen Streitkräfte vorrückten, haben sie zunächst alles in ihrem Weg zerstört, bevor sie dort militärische Infrastrukturen errichteten: Strassen, Lager, Erdwälle. Und zwar vor allem in den landwirtschaftlichen Gebieten von Gaza, wobei sie die Grenzen zum Zentrum und zur Küste hin verschoben haben», erklärt sie und zeigt die Entwicklung auf einer von der FA veröffentlichten imteraktiven Karte. Viele dieser Strukturen scheinen dauerhaft zu sein und sollen eine langfristige Kontrolle gewährleisten.

Der geplante Rückzug der israelischen Streitkräfte im Rahmen des Waffenstillstands folgt den Linien dieser geräumten Pufferzonen. «Wir haben festgestellt, dass Israel die Zivilbevölkerung gezwungen hat, sich in Gebiete mit sandigem Boden zurückzuziehen, um die Kontrolle über alle besseren Böden zu behalten», erklärt die Forscherin. Auf diese Weise behält die israelische Armee in der aktuellen Phase des Plans die Kontrolle über 58 Prozent des Gazastreifens, insbesondere über die fruchtbarsten Böden. Und nach dem vollständigen Rückzug würden die erweiterten Pufferzonen an den Grenzen zwischen Gaza und Israel in die fruchtbarsten Gebiete hineinragen, sagt sie, und damit die zukünftige Regenerations- und Landwirtschaftsfähigkeit sabotieren. «Aber man sollte das Know-how und die Widerstandsfähigkeit der Bewohner·innen Gazas nicht unterschätzen, denen es bereits jetzt gelingt, das trockene Land zu bewirtschaften», sagt sie.

Dieser Meinung ist auch Gabriella Neubert von der APN («Arabische Naturschutzgruppe»). «Ein gerechter und nachhaltiger Frieden kann nur in den Händen der Bevölkerung liegen, nicht in denen kolonialistischer oder imperialistischer Instanzen. Parallel zu einem Prozess, der alle, die diesen Völkermord begangen haben, und ihre Komplizen vor Gericht bringen soll, müssen wir die Ernährungssouveränität Gazas unterstützen und den Palästinenser·innen helfen, ihr Land zu bewirtschaften und sich frei zu ernähren, um leben zu können.» Vor dem Krieg und trotz der seit 2007 von Israel verhängten Blockade hatte Gaza eine bemerkenswerte Selbstversorgung im Agrarsektor entwickelt, insbesondere bei der Produktion von Obst und Gemüse. Genau daran arbeitet Samar Abo Saffia auf ihren Feldern in Deir el-Balah. «Wir haben es mit einem Boden zu tun, der durch die Abwanderung und mangelnde Pflege ausgelaugt ist. Es fehlt an Wasser und das verfügbare Saatgut ist von schlechter Qualität. Wir müssen also an der Entwicklung der Landwirtschaft, dem Wiederaufbau und der Sanierung der Böden arbeiten, um alle Spuren von Sprengstoff zu beseitigen und von vorne beginnen zu können», erklärt die junge Frau, die damit hofft, ihre Zukunft und die Zukunft Gazas wieder selbst in die Hand nehmen zu können.

Philippe Pernot, Beirut, 30. Oktober 2025

  1. Dieser Artikel wurde Ende Oktober in «Reporterre» zum ersten Mal publiziert. «Reporterre» ist eine Internetzeitung mit der Bezeichnung «das Medium der Ökologie», die sich hauptsächlich mit Umwelt- und Sozialproblemen befasst. Die Zeitung publiziert auf Französisch, ist frei zugänglich, werbefrei und auf Spenden der Leser·innen angewiesen. Archipel kooperiert regelmässig mit «Reporterre» (www.reporterre.net).