Der folgende Text ist die Transkription einer Radiosendung aus der Reihe «Europa von unten», die von Gabi und Helmut Peissl realisiert wurde.
Anfang Mai berichteten die Kollegen von Radio Mars in Maribor, dass der slowenische Unterrichtsminister in einer Schule den getrennten Unterricht von slowenischen und Roma-Kindern angeordnet hatte. Damit gab er dem Druck des Ortskomitees nach, das schon seit langem in einem gespannten Verhältnis zur benachbarten Romasiedlung stand.
Die Ausgelöschten
Ein Jahr nach dem EU-Beitritt Sloweniens bekommen nationalistische Tendenzen Auftrieb, bestärkt durch den Diskurs der neuen Regierung von Janez Jansa. Gesellschaftliche Minderheiten bekommen dies als erste zu spüren. In Slowenien zählen sich rund 10.000 Menschen zu den Roma, eine traditionell zahlenmäßig schwache Gruppe. Eine neue Minderheit sind die «Ausgelöschten». Das sind Bürger des ehemaligen Jugoslawien, die schon seit Jahrzehnten in Slowenien leben und arbeiten, aufgrund der fehlenden Staatsbürgerschaft der neu gegründeten Republik Slowenja aber alle Ansprüche auf Pension, Sozialhilfe, Wahlrecht und dergleichen verloren haben. Sie wurden an einem Stichtag aus allen Listen ausgelöscht. So etwas passiert natürlich nicht nur in Slowenien.
Brankica Petrovic arbeitet am Friedensinstitut in Ljubljana. Das Institut ist eine der seltenen Einrichtungen, die den Umgang mit Menschenrechten und Minderheiten konsequent und kritisch verfolgt. Brankica ortet die Problematik schon weit vor dem Regierungswechsel:
«Als der slowenische Staat geschaffen wurde, hat man für die Roma weder in der Verfassung noch im Rechtssystem einen Platz vorgesehen. (…) Für die italienische und die ungarische Minderheit wurde gesagt, welche Art des Schutzes gewährt wird, für die Roma nicht. Meiner Meinung nach schafft gerade dieses Vakuum Raum für Diskriminierung und Konflikte. Die Staatsgründung ist ein besonderer historischer Moment, bei dem man seinen Bürgern wichtige Signale gibt: Wer ist wer und was ist was.
Durch die Verfassung selbst wurde eine Hierarchie unter den Bürgern und den ethnischen Gruppen geschaffen. Natürlich sind alle Menschen gleich, aber die Italiener und Ungarn werden als voll geschützte Minderheiten erwähnt, die Roma vielleicht einmal später und sonst niemand. Kommen die Roma wenigstens irgendwie in der Konstitution vor, so werden große ethnische Gruppen aus dem ehemaligen Jugoslawien im slowenischen Rechtssystem nicht einmal erwähnt. Serben, Kroaten, Bosnier, Albaner, Montenegriner, Mazedonier stellen jedoch zusammen 10 Prozent der Bevölkerung.»
Bei der Neugründung der Republik Slowenien vor
14 Jahren gab es die «Ausgelöschten» als solche noch nicht. Ihr Schicksal hat sich erst später auf bürokratischem Weg zusammengebraut. Anders die Roma, die seit langem in Elendsvierteln vor Maribor und Ljubljana leben. Die meisten von ihnen jedoch siedeln in den Regionen Prekmurje und Dolenska, beides eher ärmliche Gebiete. In Novo Mesto, aufstrebende Stadt von Dolenska, kam es Anfang Mai zu einem Eklat. Das Ortskomitee sammelte 400 Unterschriften von slowenischen Eltern, um den getrennten Schulunterricht von «Zivilen» und Romakindern in der Grundschule durchzusetzen.
Apartheid in der Schule
Dazu Zoran Grm, Elternvertreter der Romaschüler:
«Bei Streitigkeiten in der Schule sind der Vater eines Kindes und ein Lehrer zusammengekracht. Sofort hat das Ortskomitee von Bucna Vas interveniert, damit ihre Kinder nicht mehr gemeinsam mit den Romakindern die Schule von Brsljin besuchen. In einer Schildbürgeraktion hat der Unterrichtsminister Milan Zver entschieden, dass die Romakinder getrennt unterrichtet werden. Das bedeutet, dass es hier nicht nach dem Bildungsstand geht, sondern nach äußerlichem Aussehen.»
Wäre Zorans Tochter - eine sehr gute Schülerin - nicht auch von den Maßnahmen betroffen gewesen, wäre ihm vielleicht gar nichts aufgefallen, bekennt er. Viele Eltern hinterfragen die schulische Organisation nicht genau:
«Das ist eine Diskriminierung der Romakinder, das empfinde ich selbst so. Ich habe mit anderen Eltern darüber gesprochen und auch das Radio und die Zeitungen darüber informiert.
Es gab dazwischen noch ein Unterrichtsprojekt, das mir genauso wenig gefallen hat. Dagegen habe ich auch schon protestiert. In einer Elternversammlung konnte ich die Leute überzeugen, dass unsere Kinder unter solchen Bedingungen nicht gut lernen, weil alles einfach auf Diskriminierung hinausläuft. Wir Roma haben dann beschlossen, dass wir den Unterricht so lange boykottieren, bis der Minister zu uns in die Siedlung kommt, um sich einmal unsere Vorstellungen von Unterricht anzuhören.»
Inzwischen hatte sich Minister Zver daran erinnert, dass Segregation in der Schule verboten ist. Um die Wogen zu glätten, begab er sich in die Siedlung, wo er die Verantwortung für die Maßnahme von sich wies. Woher sie gekommen war, konnte nicht mehr nachvollzogen werden. Jedenfalls wurde sie aufgehoben, was für Zoran Grm das Wichtigste war. Die Roma wollen nicht, dass Konflikte auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden.
«Wir schicken die Kinder wieder in die Schule. Der Unterricht richtet sich jetzt nach dem Wissensstand der Schüler und nicht nach ihrer Herkunft. Etwas anderes würden wir nicht erlauben.»
500 Kinder besuchen die Grundschule von Brsljin, davon sind 83 Roma. Die Schule liegt zwischen dem Ortsende und einem schicken Einkaufszentrum. Von hier aus sind es 3 km bis zur Romasiedlung, wo es keine feste Straße gibt. Viele Häuser haben weder Strom noch Wasser. Auch Zoran Grm wohnt hier. Seit vier Jahren engagiert er sich in der Schule, das hat ihn für Diskriminierung sensibilisiert. Er weiß, dass Kinder ab 10 bis 12 Jahren die enorme soziale Kluft deutlich spüren. Wenn sie schlechter als die anderen angezogen sind, sich zu Hause nicht waschen und nir-gends in Ruhe Hausaufgaben machen können, gehen sie nicht mehr gerne aus der Siedlung. Darin liegen die Gründe für einen vorzeitigen Schulabbruch, nicht in den Lernfähigkeiten, meint er.
Spannung liegt auf der Schule, viele Lehrer sind schlicht überfordert. Professor Janez Krek von der Pädagogischen Fakultät der Universität Ljubljana ist erst im Rahmen einer Europaratsstudie auf die Probleme der Roma-Minderheit im Unterricht gestoßen. Die italienische und ungarische Minderheit hat entweder eigene oder gemischtsprachige Schulen. Diese Modelle sind altbewährt. Für die Roma gibt es nichts Vergleichbares, und die Modelle der anderen lassen sich nicht auf ihre Situation anwenden, erklärt uns Professor Krek. Nach zäher Überzeugungsarbeit wurde schließlich eine Kommission im Ministerium eingesetzt, die sich um Verbesserungen kümmern soll. Die Grundlagen dafür werden in einem Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Graz, Manchester und Ljubljana geschaffen.
Gedruckte Romasprache
Dazu Professor Krek:
«Wir bereiten eine Grammatik und ein Wörterbuch der Romasprache vor. Damit können wir ein Wahlfach für Roma-Sprache und -Kultur entwickeln und in der Grundstufe einführen. Nirgends wurde diese Sprache bisher standardisiert. Man weiß nicht wie man sie schreibt, sie ist einfach nicht erfasst. Wörterbuch und Grammatik sind ganz wesentliche Dinge, die man für eine Sprache tun muss. Ich hoffe, dass wir damit im nächsten Jahr fertig werden und so endlich diesen Gegenstand und ihre Sprache in die Schulen bekommen.»
Professor Krek lehnt alle Aufteilungsmodelle entschieden ab, egal ob nach Muttersprache oder Leistungskriterien. Sie reproduzieren Vorurteile und Konflikte, und führen zurück zu einer Politik der «schlechter Assimilation» statt zur Integration in eine europäische Gesellschaft, die nur durch die Anerkennung multikultureller Prinzipien existieren kann. Die Weichenstellung in diese Richtung muss von der Regierung kommen ganz unabhängig von der Stimmung in der Mehrheitsbevölkerung.
«Es ist notwendig, einige grundlegende Prinzipien aufzustellen. Die Minderheit der Roma ist sehr schwach. Sie hat weder ein intellektuelles noch wirtschaftliches Potential oder aber ein anderes Land, das für ihre Interessen eintreten könnte. Zur Zeit besitzt sie keine politische Macht, d.h. sie ist abhängig von den Entscheidungen der Mehrheit. Darum muss man ihre Rechte achten und diese auch durchsetzen. Nicht das, was der einen oder anderen politischen Partei von Nutzen ist.» **
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Rechte der Minderheiten
Darüber, welche Rechte, wieviel Schutz und wieviel Geld den benachteiligten Minderheiten zustehen, streitet man quer durch alle Parteien seit Beginn der Republik. Dazu Brankica Petrovic:
«Vor allem während der Beitrittsverhandlungen zur EU und den geforderten Minderheitenstandards ist etwas weiter gegangen. Nur darum gab es vor zwei Jahren eine Gesetzesänderung zur lokalen Autonomie. Dadurch wurden 20 Gemeinden verpflichtet, in der Roma-Community die Wahl eines Gemeindevertreters durchzuführen. Das bedeutete eine massive Umstellung für die Bevölkerung in Slowenien, für die gesamte Öffentlichkeit und die Roma selbst. Ohne die linke Regierungsbeteiligung und den europäischen Druck wäre nichts gelaufen. Im Parlament gab es eine Menge Vorbehalte und Widerstände gegen diese Schritte zur politischen Beteiligung der Roma. Jetzt haben wir eine neue Regierung, die offensichtlich konservativer ist. Die rechte Partei und die des Zentrums haben in ihrer Oppositionszeit und während der Wahlkampagne mit ihrem Appell an ein stärkeres slowenisches Nationalgefühl Stimmen gewonnen. Ihren Sieg haben sie dem Kampf gegen die nachträgliche Zuerkennung der Staatsbürgerschaft bzw. gegen die Entschädigung der Ausgelöschten zu verdanken. Von dieser Regierung kann man nicht erwarten, dass sie etwas Gutes für die Minderheiten tut und nur hoffen, dass es nicht schlechter wird.»
Mit der EU will es sich die Regierung Janza nicht gleich verderben, und so werden die Minderheitenstandards zähneknirschend akzeptiert. Zur Not zahlt man höhere Beträge nach Brüssel. Europa soll etwas für die Roma tun, bevor man sich die Wähler vergrault. Und welche Auswirkungen haben die europäischen Vorgaben auf lokaler Ebene tatsächlich? Das fragten wir Zoran Grm :
«Ja, einen Gemeindevertreter für die Roma haben wir. Damit alleine kommen wir aber nicht weiter. Unser Bürgermeister ist ein Verbissener. Manchmal verspricht er was, halten tut er nichts. Vielleicht würde die Gemeinde hier und da helfen, aber der Staat will ja irgendwie auch nicht. Ich verstehe nicht warum, aber mehr kann ich hier nicht sagen, sonst lande ich wieder vor Gericht. Wir, unser Gemeinderat und die Romavertretung wollen eine Zusammenarbeit. Ein bisschen hat sich die Gemeinde bewegt und wir hoffen, es geht in eine positive Richtung und nicht zurück.»
Der Staat will nicht! Wo Zoran Grm sehr vorsichtig sein muss, nimmt Brankica Petkovic kein Blatt vor den Mund. Von den Regierungsprogrammen, die zur Verbesserung der Lebenssituation der Roma erstellt wurden, ist kaum etwas umgesetzt worden:
«Es war Bruchwerk, nie eine umfassende Lösung. Denn jedes Ministerium hätte einen Teil finanzieren müssen: das Ministerium für Städtebau die Wohnungen, das Bildungsministerium den Unterricht, das Arbeitsministerium die Beschäftigungsprogramme und so weiter, aber die Finanztöpfe dafür wurden immer gekürzt. Wir haben Ende der 1990er Jahre in einer Analyse festgestellt, dass es eine Periode enormer Konflikte war. Konflikt ist das falsche Wort. Es ist der Widerstand seitens der Mehrheitsbevölkerung in der Nähe von Roma zu leben. Die Minderheit lebt in isolierten Dörfern und wenn jemand von dort weg in Wohnbezirke von Slowenen oder anderen ethnischen Gruppen umziehen will, wird er abgelehnt. Selbst wenn Roma dort Häuser kaufen wollen oder die Gemeinde Sozialwohnungen für die Roma erwirbt, treiben die sogenannten Nachbarn quer. Sie organisieren Proteste, um die Roma in ihre Siedlungen zurückzuschicken.»
Und die Proteste der Ortskomitees vor dem Parlament zeigen Wirkung. Eine Medienanalyse des Friedensinstituts kommt zu dem Schluss, dass Roma kaum in der Öffentlichkeit erwähnt werden und wenn, dann im Zusammenhang mit Kriminalität und Gefährdung anderer. Bestehende Stereotypen werden nur allzu gerne bestätigt und verstärkt, meint Brankica Petkovic. Darauf ist Zoran Grm mittlerweile gefasst. Beim Schulboykott wurde der Empfang der Journalisten gründlich vorbereitet. In der Öffentlichkeit spricht nur er oder ein Gemeindevertreter der Roma. Brankica Petkovic:
«Es gibt die Haltung, dass wir - die Slowenen, die Mehrheitsbevölkerung, - Probleme mit den Roma haben. Aber ich wiederhole immer wieder: Wir haben keine Probleme mit Roma, denn wir leben ganz gut hier. Hingegen die Roma haben ein Problem, in Slowenien zu leben, in so einem Land mit solch einer Rechtslage, mit solchen Nachbarn. Wenn Roma heute immer noch, 14 Jahre nach der Gründung des neuen Staates Slowenien, als schmutzig und ungebildet gelten, ist es unserer
aller Verantwortung, wenn sie zu den meisten Ressourcen keinen Zugang haben.»
Ressource Arbeitsmarkt
Zoran Grm hat neun Jahre im Straßenbau gearbeitet für 350 Euro pro Monat. Leben konnte man davon eigentlich nicht. Nach der Privatisierung der Firma wurde ihm, wie vielen anderen, gekündigt. Bosnier arbeiten jetzt in Subfirmen beim Bau der Autobahn zum Meer für noch weniger Lohn. Dabei ist im letzten Jahr bis hin zu den Grundnahrungsmitteln alles teurer geworden. Zoran erzählt uns das im Auto auf der Fahrt in eine der vier Romasiedlungen von Novo Mesto. 370 Menschen leben hier ohne Infrastrukturen. In der vielleicht 30 Quadratmeter großen Küche spielt sich das Leben der fünfköpfigen Familie Grm ab. Man schläft gemeinsam in einer Koje, die mit einem Tuch verhängt ist. Es ist peinlich hinzuschauen. Doch hier ist alles sauber. Direkt vor der Tür versinkt nach drei Tagen schlechtem Wetter alles im Schlamm. Wir treten ein, und Svetlana, die 15-jährige Tochter verzieht sich schüchtern nach draußen in den Regen. So ist unser Leben, sagt Zoran und bittet um Verständnis, dass er uns nicht alles am Mikrofon erzählen kann, er muss vorsichtig sein. Eine Gerichtsverhandlung hat er schon am Hals. Das Ortskomitee hat seine «unpassenden Worte» angezeigt, die ihm bei der letzten Absperrung der Siedlungsausfahrt durch das Ortskomitee rausgerutscht sind.
Ghettosierung oder Integration
Brankica Petkovic kennt die prekäre Stimmung vor Ort und weiß, dass die Stimmung immer wieder vom slowenischen Ortskomitee angeheizt wird. Mehr Polizei - weniger Sozialleistungen könnte seinen Diskurs grob zusammenfassen.
«Was da gefordert wird, ist Diskriminierung und eine Form von Repression. Ich lese die Protokolle der Gemeinderatssitzungen und finde da Formulierungen wie, ,einen Kreis um die Roma- siedlung ziehen ‘. Wir wissen ganz genau aus der Geschichte, was das heißt, einen Kreis ziehen und Polizei davor postieren. Diese Leute sind sich nicht bewusst über die historischen Parallelen. Es kommt ihnen ganz von Herzen, weil sie sich bedroht und angegriffen fühlen durch die bloße Existenz der Roma. Die hören laut Musik, fahren mit klapprigen Autos, von denen manche nicht angemeldet sind, sie verbrennen Schrott, weil sie Alteisen verkaufen usw. All das zusammen bestätigt die Befürchtungen der slowenischen Mitbürger. Aber Roma können keinen anderen Job finden, und da gibt es eben viele junge Leute, die nichts zu tun haben, außer zu lärmen. Slowenische oder österreichische Kids sind kaum anders, wenn sie zusammenhocken, nichts mit sich anzufangen wissen, keinerlei Perspektive haben, weil sie noch nicht einmal die Hauptschule abgeschlossen haben. Da fühlt man sich verdammt frustriert.»
In den Europäischen Institutionen hat man dieses Problem als Gefahrenpotential wohl erkannt, glaubt Brankica. Vor kurzem bekam das Friedensinstitut ein EU-Papier mit Förderungsmöglichkeiten für NGOs, die mit Roma arbeiten. Aber das genügt nicht. Als Vollmitglied der EU brauchen wir ein Umdenken in den Köpfen der Mehrheit und eine andere politische Linie sagt Brankica.
Mehr Öffentlichkeit, mehr Bewusstsein und vor allem ein sehr langer Atem sind notwendig, um die Situation zu ändern, sagt der Pädagoge Krek ohne jegliche Illusionen. Zur Integration gibt es keine Alternative. Und das muss die Regierung durch entsprechende Maßnahmen klar machen. Es ist ihre Aufgabe, die sie nicht auf NGOs oder Vereine abwälzen kann. Schule und Kindergarten sind für Professor Krek zentrale Ansatzpunkte. Hier müssen kulturelle Verschiedenheiten akzeptiert, aufgewertet sowie gefördert werden und erläutert seine Vorschläge.
Professor Krek:
«Das Unterrichtskonzept beruht darauf, dass die Romakinder in den üblichen heterogenen Abteilungsunterricht einbezogen werden. Da, wo sie hinterherhinken, wird mit zusätzlichen Lehrern nachgeholt. Diese Hilfslehrer sollten Roma sein. In der Schule braucht es Lehrer, die Slowenisch als Fremdsprache für alle Kinder nicht slowenischer Muttersprache unterrichten können. Dazu ist sicher zusätzliches Personal notwendig. Das Kurrikulum müsste beinhalten, dass die Kinder die Romasprache richtig erlernen. Es geht nicht nur darum, einen Stoff rein zu drücken, sondern darum, dass die Schüler dabei auch tatsächlich Sprachen lernen. Das muss vor allem in den ersten drei Jahren geschehen. Mit dem neuen Gegenstand Roma-Sprache und -Kultur werden wir sehen, wie sich das entwickelt. Jedenfalls lernen Romakinder zum ersten Mal in der Schule ihre eigene Sprache schreiben. Wenn sie wissen, wie sie den Klang ihrer eigenen Sprache schreiben, wird es auch leichter, Slowenisch schreiben zu lernen.»
Brankica Petkovic ist überzeugt, dass auch die Kinder der «Ausgelöschten» solche Maßnahmen brauchen:
«Wenn sich die Musik, Kommunikation und Kultur in den eigenen vier Wänden völlig von dem unterscheidet, was einem auf der Straße begegnet, in den Schulen, im Hausgang usw. lebt man zwangsläufig in zwei parallelen Welten. Manche Leute sagen, es gibt schon genug Balkankultur, jede Menge Pop und Folklorefestivals aus Serbien und Bosnien. Darum geht es mir nicht, denn das ist nur Unterhaltung und Konsum.
Wir wollen, dass Slowenien den Bürgern dieser Länder Raum gibt, ihre Kreativität auszudrücken, ihre Alltagskultur zu leben. Dazu müsste Kroatisch, Serbisch und die anderen Sprachen in die öffentlichen Schulen als Wahlfach eingeführt werden. So, dass die Kinder im Unterricht ihrer Sprache begegnen und diese nicht reine Privatsache bleibt. Heute ist es immer noch ein «Unfall», wenn jemand in der Öffentlichkeit Kroatisch, Montenegrinisch oder Mazedonisch spricht. Als eine europäische Gesellschaft haben wir solche Gräben zu überwinden, denn Ausschluss und Frustration kann auf lange Sicht zu nichts Gutem führen».
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Wir laden ein zum Seminar:
Land am Rand
Der gesellschaftliche Wert nachhaltiger bäuerlicher Landwirtschaft
Vom 10. – 12. September in Bad Eisenkappel, Kärnten
Die Devise der europäischen Agrarpolitik lautet: Wachsen oder Weichen. In Österreich sind seit dem Beitritt zur Europäischen Union 20 Prozent der Höfe verschwunden. Die derzeitige Diskussion um die Abschaffung der Agrarsubventionen könnte auf eine Abschaffung der Landwirtschaft in Europa hinauslaufen. Wollen wir wirklich, dass in Zukunft unsere Lebensmittel nur noch aus den USA, Brasilien und China kommen?
Auf dem Treffen in Eisenkappel wollen wir den Wert der kleinstrukturierten, ökologischen Landwirtschaft sichtbar machen. In der Grenzregion um Eisenkappel, im Süden Kärntens, versuchen Bauern und Bäuerinnen durch Zusammenarbeit ihre Höfe zu erhalten. Daraus sind Initiativen in Slowenien und Südkärnten hervorgegangen, die wir besuchen werden. Mit ReferentInnen aus Österreich, der Schweiz, Deutschland und Brüssel werden wir über europäische Agrarpolitik, Autonomie der Höfe, die Situation der Bäuerinnen und Bildung im ländlichen Raum diskutieren. Ein Auftritt des Bergbäuerinnen-Kabaretts «Die Miststücke» rundet das Programm ab.
Das dreitägige Seminar in deutscher Sprache wird von der Österreichischen Bergbauern und Bergbäuerinnen Vereinigung ÖBV und der Europäischen Bauernorganisation CPE veranstaltet sowie vom EBF und Longo maï unterstützt.
Vollständiges Seminarprogramm unter www.bergbauern.at
Anmeldung bis spätestens 31. August 2005 im ÖBV-Büro
Tel: ++43/1/89 29 400 / E-Mail unter: