«No Border»-Camp in der Ukraine im August 2007

7 sept. 2007, publié à Archipel 151

Die Osterweiterung der Europäischen Union hat die Mauern der «Festung Europa» bis zur Westgrenze der Ukraine verschoben. Transkarpatien ist nun Grenzregion der EU geworden

Zahlreiche Auffanglager sind entstanden für Flüchtlinge aus dem „Süden“ und der ehemaligen UdSSR, die vor Krieg, Totalitarismus oder der Misere in die Länder der EU fliehen wollen. Es ist schwierig, Informationen über die Zustände in den meisten Lagern zu bekommen.

Die Situation der Flüchtlinge in der Ukraine ist sehr unstabil: Ihre Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, sie haben Mühe, Arbeit zu finden oder medizinische Betreuung zu bekommen, es gibt keine Sozialversicherung. Wenn man den Flüchtlingsstatus erreicht hat, so erhält man als einzige Unterstützung der Regierung eine einmalige Spende von 3 Euro. Im Lauf der letzten Jahre hat die Ukraine sogar Asylbewerber in Länder wie Usbekistan abgeschoben, wo sie während Jahren in den berüchtigten Gulags des dort herrschenden totalitären Regimes gefangen gehalten werden.

Die Zunahme der Grenzkontrollen hat einen bedeutenden Einfluss auf das Leben einer Region wie Transkarpatien. Sie ist umgeben von der Slowakei, Ungarn, Polen und Rumänien. Diese Länder sind jetzt Mitglieder der EU, die Ukraine hingegen wird der Union nicht so bald beitreten. Über die Hälfte der transkarpatischen Bevölkerung arbeitet im Ausland. Die Ukraine hat die Visumspflicht für europäische Bürger abgeschafft, doch die EU hat den Zugang der Ukrainer zum Arbeitsmarkt (oder selbst in die europäischen Länder) in keinerlei Hinsicht erleichtert. Es fällt dennoch schwer, sich die Landwirtschaft der Europäischen Union ohne ukrainische MigrantInnen vorzustellen.

Transkarpatien hat eine lange Tradition der Mischung von Kulturen. Heute ist sie eine der Hauptdurchgangszonen für die internationale Migration. Die Grenzwächter, Sicherheitsdienste und die Medien tragen mit einer fremdenfeindlichen Ausdrucksweise dazu bei, negative Vorurteile gegenüber den MigrantInnen zu verbreiten. Das Ergebnis sind immer größere Spannungen in der Region.

Forderungen

Wir fordern die Reisefreiheit für alle, Asyl für alle Verfolgten und das Recht, in andere Länder auszuwandern, wenn das zur Verbesserung des Lebens beiträgt. Wir fordern auch die Abschaffung der Visumspflicht. Wir wollen die «Festung Europa» zu Fall bringen und mit ihr die Grenzen, an denen Tausende Menschen in den letzten Jahren den Tod gefunden haben. Die «globale Apartheidpolitik» muss aufhören!

Wir wollen die Tradition der No-Border-Camps fortsetzen, die an den Grenzen der «Festung Europa» abgehalten wurden: 1998-2000 an der deutsch-polnischen Grenze, 2000-2003 an der Ostgrenze Polens, 2001 in Slowenien, 2003 in Rumänien, 2003 und 2005 an der griechisch-bulgarischen Grenze und 2004 in Finnland. Andere Camps wurden an den Südgrenzen Europas organisiert (2000 in Sizilien und 2001 in Tarifa/Spanien), im Inneren Europas an den Flughäfen oder in der Nähe der Hauptüberwachungszentren (Straßburg 2002), an der Grenze zwischen Mexiko und den USA und in Australien.

Das diesjährige Camp ist das erste auf ehemals sowjetischem Territorium.

Einige Ziele des Camps

  • Die Kommunikation zwischen Aktivisten aus Ost- und Westeuropa und von überall her intensivieren: Treffen, Austausch von Kompetenzen, Wissen, Erfahrungen usw. (Workshops, Diskussionen, Training, Konzerte u.v.m.);

  • Die ukrainische Bevölkerung (aber auch die russische und andere) auf die rassistische Migrationspolitik aufmerksam machen, die Frage der heutigen Formen von Rassismus und Xenophobie aufwerfen;

  • Kontakte zu Leuten herstellen, die in Transkarpatien leben: antirassistische Erziehung, öffentliche Events, Filmprojektionen, Ausstellungen, Konzerte und Diskussionen mit dem Ziel, die Haltung der Menschen den MigrantInnen und Flüchtlingen gegenüber positiv zu beeinflussen;

  • Informationsaustausch unter uns: Wie kriminalisieren die Behörden der verschiedenen Länder die Migration? Wie ist die Lage in den Durchgangslagern? Welche Formen von Widerstand gibt es? Eines der konkreten Resultate des Camps wird eine Broschüre mit Informationen aus den verschiedenen Ländern zu diesen Fragen sein, um uns gegenseitig in unserem Kampf zu stärken

  • Eine größere Beteiligung von Personen und antiautoritären Kollektiven der Ukraine, Russlands und anderer «postsowjetischer» Länder an den Fragen der Migration, dem Kampf gegen Rassismus, gegen die Kriminalisierung der Migration und das System der Abschiebelager.

Wir werden über mögliche Aktionen diskutieren, aber nicht in der Nähe des Camps, denn alle Leute, welche die Region kennen, meinen, dass eine Aktion von Aktivisten aus dem Ausland in Bezug auf ein so heikles Thema die Situation nur verschärfen würde. Es wird also kein «Aktionscamp» sondern ein Camp zur Vernetzung, Planung und Weiterbildung.

Ein anderes Ereignis wird während des Camps stattfinden: ein internationales Treffen von Food Not Bombs (Kollektive, die Gratismahlzeiten in den Straßen verteilen und in mehreren Ländern existieren). Food Not Bombs wächst in Osteuropa. In Russland allein gibt es an die fünfzig Gruppen. Wir haben mit ihnen schon eine Reihe von Workshops, Diskussionen etc. geplant.

Doch das endgültige Programm wird mit den TeilnehmerInnen erstellt. Wenn Sie etwas vorzuschlagen oder einen Beitrag haben, sagen Sie es uns bitte. Das kann alle Themen betreffen, die Sie interessieren, nicht nur das Hauptthema des Camps.

Die Ukraine hat die Visumspflicht für EU- und US-Bürger abgeschafft. Wenn Sie einen Reisepass eines westlichen Landes haben, ist die Einreise in die Ukraine wesentlich unkomplizierter als früher.

Teilnahme

Wenn Sie Fragen haben, uns helfen wollen, das Camp eine Woche vorher aufzubauen, wenn Sie Diskussionen, Workshops etc. vorschlagen wollen, schreiben Sie uns bitte so rasch wie möglich: noborder2007(at)riseup.net

Wenn Sie über die Vorbereitung informiert werden oder daran teilnehmen wollen, können Sie sich auf der e-mail-Liste einschreiben: noborder_ee_int(at)

lists.riseup.net