Der aktuelle Vorschlag für einen Green New Deal für die USA, der von der demokratischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus, Alexandria Ocasio-Cortez, eingebracht wurde, ist unterstützenswert. Um die notwendige drastische Reduktion der CO2-Emissionen zu erreichen, müssen wir jedoch noch weiter gehen.
Es gibt einige Anzeichen dafür, dass die rechte Diskurshegemonie in den Vereinigten Staaten in der nächsten Zeit gewaltig in die Defensive geraten könnte: Dies ist unter anderem den politischen Vorstössen der demokratischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus, Alexandria Ocasio-Cortez, zu verdanken. Sie machte vor kurzem von sich reden, als sie öffentlich forderte, den Spitzensteuersatz in den USA auf 80 Prozent zu erhöhen und somit grosse Vermögen massiv zu besteuern. Eine Umfrage ergab, dass 70 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner ihren Vorschlag unterstützen.
Im Februar sorgte Ocasio-Cortez mit einer Resolution für Aufruhr, die sie gemeinsam mit dem demokratischen Senator Ed Markey veröffentlichte. Bei der Resolution handelt es sich um nicht weniger als um den Vorschlag für einen «Green New Deal» für die Vereinigten Staaten. Der Begriff ist an den New Deal angelehnt, der in den 1930er Jahren in den USA den fordistischen Klassenkompromiss einläutete. Der Green New Deal soll nun Elemente einer keynesianischen Wirtschafts- und Sozialpolitik mit einem ökologischen Umbau der Gesellschaft verbinden. Am 7. Februar wurden die Hauptelemente des Green New Deal vorgestellt: Sie beinhalten einen Zehn-Jahres-Plan für eine «ökonomische Mobilisierung», die den Einsatz von fossiler Energie schrittweise beenden soll und eine Generalüberholung der industriellen Infrastruktur des Landes vorsieht. Geplant wären auch massive Investitionen in den Ausbau von erneuerbaren Energien und des Schienennetzes sowie eine staatliche Offensive zur Schaffung von «green jobs». Nachdem bereits in der Ära Obama sehr viel über die Idee eines Green New Deal gesprochen wurde, meinen nun viele Kommentatoren, dass mit der vorliegenden Resolution endlich eine Diskussionsgrundlage auf dem Tisch liege. Zwar ist das Konzept an vielen Stellen relativ vage, die Resolution stelle aber in erster Linie ein inhaltliches Bezugssystem dar, wie die demokratische Senatorin Amy Klobuchar betonte.
Präsident Trump hat sich bereits abfällig über die Vorschläge von Ocasio-Cortez geäussert und massive Angst geschürt. Der Plan würde «Millionen Amerikanern ihren Job kosten», denen man noch dazu ihre Autos wegnehmen würde. Millionen von Häusern würden ihren Wert verlieren. Des weiteren hat der Fraktionsvorsitzende der Republikaner und seit Januar 2015 Mehrheitsführer («Majority Leader») im Senat, Mitch McConnell, angekündigt, im Senat eine Abstimmung über den Green New Deal zu veranlassen. Dort haben die Republikaner eine Mehrheit von 53 Sitzen. McConnell gehört zu jenen 22 republikanischen Senatoren, die Präsident Trump in einem offenen Brief aufgefordert hatten, das Pariser Klimaabkommen zu verlassen. McConnell will mit seiner Strategie die Spaltungslinien in der Demokratischen Partei vertiefen und Ocasio-Cortez und andere fortschrittliche Demokraten isolieren. Die heftigen Reaktionen der Republikaner zeigen auch, dass die starke Position von Ocasio-Cortez nicht mehr ignoriert werden kann. Durch ihren Vorstoss ist Einiges in Bewegung gekommen. Sie beweist, dass die Ohnmacht, nichts gegen Trump und sein System ausrichten zu können, überwunden werden kann. Nun können die Bewegungen für Klimagerechtigkeit, die in den USA mittlerweile stark gewachsen sind, das entstehende Momentum nutzen und sich öffentlichkeitswirksam in die Debatte einbringen. Ihre Expertise ist gefragt, denn selbst wenn es gelänge, einen Green New Deal durchzusetzen, wären viele Umwelt-probleme erst im Ansatz gelöst: Mit einer grün-keynesianischen Wirtschaftspolitik, die darauf angewiesen ist, dass der Wachstumsmotor weiter brummt, werden die drastischen Senkungen der CO2 Emissionen, die notwendig sind, nicht erreicht werden können.
Die vorliegende Resolution ist dennoch ein Schritt in die richtige Richtung. Ocasio-Cortez gelingt es, die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit glaubhaft mit der Forderung nach effektivem Klimaschutz zu verbinden. Darin unterscheidet sie sich radikal vom demokratischen Establishment. Endlich tut sich etwas – und gerade weil der Vorschlag nicht perfekt ist, muss er nun von den Vielen mitentwickelt, verteidigt, korrigiert und vorangetrieben werden. Über 600 Umweltgruppen haben sich bereits in einem offenen Brief geäussert und ihre Unterstützung sowie ihre solidarische Kritik zum Ausdruck gebracht. Es ist zu hoffen, dass die Resolution über den Green New Deal die weltweiten Klimabewegungen beflügelt und dass nun endlich eine breit geführte Debatte beginnt, wie wir den fossilen Kapitalismus überwinden können.
Alexander Behr, EBF