Das Strafgericht von Marseille verurteilte am 8. Juli 2021 Terra Fecundis, eine spanische Firma, die im Süden Frankreichs Tausende von Migrant·inn·en aus Afrika und Lateinamerika als Landarbeiter·innen an industrielle Landwirtschaftsbetriebe verschachert. Zum ersten Mal hat ein Gericht diese geläufigen Praktiken verurteilt.
Es verlangt die höchstmöglichen Geldbussen (500.000 €), bedingte Gefängnisstrafen für die modernen Sklavenhändler und die definitive Auflösung des Unternehmens. Das Gericht nahm während einer Woche das zwielichtige Tun dieser Firma unter die Lupe: miserable Wohnbedingungen für die Leiharbeiter·innen, Unterschlagung der staatlichen Sozialkosten in Millionenhöhe, exemplarische Bestrafung von rebellischen Arbeiter_inne_n, um Angst und Schrecken zu verbreiten; Nichteinhaltung von obligatorischen Leistungen (Bezahlung von Überstunden, Respektierung von Pausen, Pflege von kranken Arbeiter_inne_n).
Der Richter ging mehrere Male über das geforderte Strafmass der Staatsanwaltschaft hinaus: ein Hoffnungsschimmer für die ausgebeuteten Landarbeiter_innen in der industriellen Landwirtschaft Südfrankreichs. Allerdings ist dieses Urteil noch nicht rechtskräftig. Die Anwälte der verurteilten Firma legten Berufung ein. Die Informations- und Aufklärungsarbeit dieses seit Jahren dauernden Skandals muss weitergehen. Die Justiz darf sich dem grossen wirtschaftlichen Druck auch in zweiter Instanz nicht beugen!
Peter Gerber, CODETRAS*
*Collectif de Défense des Travailleurs Saisonniers: Kollektiv zur Verteidigung der migrantischen Arbeiter·innen in der Landwirtschaft (in den Bouches-du-Rhône). Weitergehende Informationen auf Französisch unter: www.codetras.
- Siehe auch Archipel 295, September 2020: «Die Verdammten dieser Erde»