GAZA / SAATGUT: Saat der Hoffnung

von Laila El-Haddad, 09.06.2024, Veröffentlicht in Archipel 337

Als Teil seiner Politik, den Gazastreifen unbewohnbar zu machen und die Gesellschaft zum Einsturz zu bringen, hat Israel bereits 50 Prozent der Bäume und des Ackerlandes in Gaza zerstört und die Einfuhr von Nahrungsmitteln und Hilfsgütern, insbesondere in den Norden, stark eingeschränkt. Angesichts der Zerstörung des Lebensraums und der Ressourcen und der so herbeigeführten Hungersnot in Gaza, sind heute die Dachgärten, Hausgärten und Gemeinschaftsgärten für die Selbstversorgung besonders wichtig.

Einst bekannt für seine üppigen Obstplantagen, insbesondere von Zitrusfrüchten, ist der Norden des Gazastreifens, in dem auch die Stadt Gaza liegt, zurzeit vollständig vom restlichen Teil abgeschnitten. Das Ausmass der Schäden und Zerstörungen seit der ununterbrochenen israelischen Bombardierung dieses Gebietes ist katastrophal. Die israelischen Streitkräfte haben landwirtschaftliche Flächen, 90 Prozent aller Gewächshäuser, Olivenhaine und Geflügelfarmen dem Erdboden gleichgemacht.Wir leiten hier den Aufruf zur Hilfe für gefährdete und vertriebene Familien in Gaza weiter, die mit dem Wiederbeleben von Dach-, Haus- und Gemeinschaftsgärten sowie landwirtschaftlichen Betrieben ihre Selbstversorgung absichern wollen – eine Initiative, die Leben retten kann und die wir unterstützen.[1]

Die Saat der Hoffnung säen

«Mein Name ist Laila El-Haddad. Ich bin eine palästinensische Schriftstellerin aus Gaza und Mutter von vier Kindern. Viele von Euch kennen mich vielleicht als Mitautorin von ‚The Gaza Kitchen: eine palästinensische kulinarische Reise‘. Ich bin auch eine begeisterte Gärtnerin, und obwohl ich aus Gaza-Stadt stamme, bin ich im Herzen eine Bäuerin! Die Landwirt·innen stehen mehr als alle anderen für die tiefe Verwurzelung der Palästinenser·innen mit ihrem Land.

Ich organisiere diese Kampagne, um Landwirt·innen und Familien im am stärksten betroffenen und am meisten abgeschnittenen Gebiet des Gazastreifens (Beit Lahiya) zu helfen, ihre eigenen Dach- und Hausgärten anzulegen – ein kleiner Schritt in Richtung Selbstversorgung und weg von der Abhängigkeit von Hilfsgeldern. Landwirtschaft im grossen Stil ist immer noch zu gefährlich, und alle internationalen und lokalen Hilfsorganisationen mussten aus dem Norden evakuiert werden, so dass die Bevölkerung besonders gefährdet ist.

Wie werden wir das schaffen?

Ich habe monatelang recherchiert und mich mit Agrarexpert·innen im Gazastreifen und im Ausland beraten, um herauszufinden, wie die Palästinenser·innen am sichersten und effektivsten mit frischen Produkten versorgt werden können. Dann habe ich mich mit der ‚Gaza Palestinian American Association‘, einer anerkannten gemeinnützigen Organisation in den Vereinigten Staaten, sowie mit einem Team lokaler Landwirt·innen und Partner·innen in Gaza zusammengetan, die die für den Aufbau der Hausgärten vor Ort und die Durchführung des Projekts erforderlichen Materialien beschaffen.

Yousef S. ist ein unermüdlich hoffnungsvoller junger Landwirt aus dem nördlichen Gazastreifen, den ich vor kurzem kennengelernt habe. Wie viele andere wurden auch sein Haus und sein Hof bei einem israelischen Luftangriff zerstört. Aber er weigert sich aufzugeben. Für Palästinenser·innen wie Yousef ist die Landwirtschaft, vor allem in Zeiten des Völkermords und des Ökozids, ein Akt tiefen Glaubens und die Verkörperung von ‚Sumood‘ – dem palästinensischen Konzept der unerschütterlichen Beharrlichkeit.

Yousef und sein Team arbeiten bereits rund um die Uhr, um Setzlinge lokaler Sorten zu beschaffen und zu züchten, die verteilt werden sollen, sowie andere Materialien, die benötigt werden, um Familien mit den Ressourcen auszustatten, die sie dringend benötigen, um ihre eigenen Haus-, Stadt-, Innenhof- und Gemeinschaftsgemüsegärten anzulegen, je nachdem, welche Flächen ihnen zur Verfügung stehen, einschliesslich derjenigen, die in UN-Schulen untergebracht sind.

Für jede Familie

Jede Familie wird mindestens 30 Setzlinge von verschiedenen Gemüsesorten der Saison (palästinensische Sommerkürbisse, Peperoni, Auberginen, Gurken und Tomaten), sowie 80 Gramm lokales Saatgut (Dill, Mulukhiya, Mangold), Kompost, Erde und Zusatzstoffe, Kunststoff-Pflanzgefässe, falls erforderlich, sowie eine Schulung und Betreuung durch Landwirtschaftsexpert·innen erhalten. Darüber hinaus wollen wir mit den Spenden mehrere Solarpaneele finanzieren, mit denen Gemeinschaftsbrunnen betrieben werden können, auf welche die Familien zur Bewässerung ihrer Gärten angewiesen sind (derzeit ist der Zugang zu Wasser aufgrund eines Einfuhrverbots für Treibstoff auf einmal alle zehn Tage beschränkt).

Mit Eurer Unterstützung[2] können wir den palästinensischen Familien helfen, die Saat für eine bessere Zukunft auszustreuen, Hoffnung zu schöpfen und wieder etwas von ihren eigenen Lebensmitteln anzubauen! Gemeinsam werden wir den Familien im Norden Gazas helfen, gesunde Lebensmittel für sich selbst, ihre Nachbarn und Freund·innen anzubauen!»

Laila El-Haddad

  1. Wir haben diesen Aufruf von unserem Freund Philip Rizk erhalten, der einige Zeit in Gaza gelebt hat und seit langem mit Laila El Haddad befreundet ist. Er ist Filmemacher und Schriftsteller und lebt mit seiner Familie in Berlin. Seine Partnerin kommt aus Gaza, er aus Ägypten. Er hat uns vor einigen Jahren über 15th Garden kennengelernt und hat die Übersetzung unserer Videos über Saatgutherstellung (hergestellt in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kooperative Longo maï) ins Arabische durchgeführt. Hier eine Radiosendung (auf Französisch), die wir vor einigen Jahren mit ihm für Radio Zinzine zur Äyptischen Revolution gemacht haben: http://www.zinzine.domainepublic.net/?ref=2988

  2. Das Europäische Bürger:innen Forum unterstützt diese Initiative. Sie können jedoch gerne auch direkt über diese Website spenden: https://www.zeffy.com/en-US/fundraising/c7a7ca13-370e-41b4-91b7-cc6e6e2cb620