LAUTSPRECHER: Solidarität mit der Bevölkerung Burkina Fasos

von Michael Rössler, 18.01.2015, Veröffentlicht in Archipel 233

Im vergangenen Herbst wurde Blaise Compaoré, der Präsident von Burkina Faso, durch einen Volksaufstand von der Macht vertrieben, die er während 27 Jahren innehatte. Durch eine Verfassungsänderung strebte er eine illegale, dritte Amtszeit an. Dies hatte das Fass zum Überlaufen gebracht.

Am 31. Oktober 2014 sah sich Compaoré schliesslich gezwungen, seinen Rücktritt zu erklären. Daraufhin flüchtete er – mit der Hilfe Frankreichs – ins Nachbarland Elfenbeinküste. Damit hatte ein weitgehend friedlicher Volksaufstand erstmals in der postkolonialen Geschichte des subsaharischen Afrikas die Verfassungsmanipulationen eines Staatschefs verhindert: ein unmissverständliches Warnsignal an alle korrupten und machtbesessenen Präsidenten des Kontinents. Vor allem die Jugend Burkina Fasos war gegen den Machtmissbrauch des Präsidenten und seiner Entourage aufgestanden und ihr Erfolg könnte die jungen Generationen in anderen afrikanischen Ländern inspirieren.
Blaise Compaoré hatte im Oktober 1987 mit einem blutigen Putsch die Ermordung von Präsident Thomas Sankara, seinem ehemaligen Kameraden, initiiert. Dieses Verbrechen war aller Wahrscheinlichkeit nach von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich und dem damaligen Diktator der Elfenbeinküste unterstützt worden. Thomas Sankara hatte einen emanzipatorischen Weg für das arme Obervolta eingeschlagen, das er in Burkina Faso (das Land der Aufrichtigen) umtaufen liess. Er wollte weg von kolonialer Bevormundung, vertraute auf die eigenen Kräfte im Volk und war damit zu einem Vorbild für die afrikanische Jugend geworden. Nach Sankaras Tod brachte der selbsternannte Machthaber Compaoré das Land wieder unter den Einfluss Frankreichs und wurde dafür als privilegierter Verbündeter behandelt. Blaise Compaoré konnte sein Volk unterdrücken und Frankreich eine grosse Militärbasis für seine bewaffneten Abenteuer auf dem afrikanischen Kontinent betreiben.
Mit dem Appell «Solidarisch mit der Bevölkerung von Burkina Faso!» fordern verschiedene soziale Bewegungen und Initiativen zusammen mit Bürger_innen aus ganz Afrika und Europa Gerechtigkeit. Hier der Aufruf, leicht gekürzt, im Wortlaut:
Appell: Solidarisch mit der Bevölkerung von Burkina Faso

  • verurteilen wir Frankreichs Verhalten scharf, dem Diktator Blaise Compoaré aktiv bei seiner Flucht geholfen und ihn aus Burkina Faso «exfiltriert» zu haben;
  • treten wir für ein Ende der Straflosigkeit ein und fordern deshalb eine Überstellung von Blaise Compaoré an die Justiz in Burkina Faso;
  • fordern wir, dass Blaise Compaoré für seine Beteiligung an den diversen Kriegen in der Region zur Rechenschaft gezogen wird. Allein die Kriege in Liberia, Sierra Leone und der Elfenbeinküste haben zehntausende Tote und hunderttausende andere Opfer gefordert;
  • fordern wir, dass gleichermassen die Kollaborateure des Regimes von Blaise Compaoré in keinem Land Schutz finden und ebenfalls der Justiz von Burkina Faso übergeben werden;
  • klagen wir die Politik des französischen Interessennetzwerkes Françafrique an und verurteilen diese;
  • fordern wir die sofortige und bedingungslose Streichung der Aus-landsschulden von Burkina Faso. Diese Schulden sind nach dem Völkerrecht weitgehendst illegitim und rechtswidrig, da sie seitens der Gläubiger in voller Kenntnis der Umstände mit einem diktatorischen Regime zu dessen eigenen Nutzen vereinbart wurden;
  • erinnern wir daran, dass der französischen Nationalversammlung ein Antrag auf eine parlamentarische Untersuchung der Ermordung von Thomas Sankara vorliegt und drängen darauf, dass dieser schnellstmöglich auf die Tagesordnung gesetzt wird und dass alle Archive der Zeit ohne Einschränkungen zugänglich gemacht werden.
    Wir stehen dem Volk Burkina Fasos zur Seite bei seiner Eroberung der Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und Souveränität.

Zu den Unterzeichner_innen des Aufrufs gehören unter vielen anderen: Mariam Sankara, Witwe von Thomas Sankara; Jean Ziegler, Vizepräsident des Beratenden Ausschusses des Menschenrechtsrates der UNO; Nouhoum Keita von Radio Kayira in Bamako und das Forum Civique in Mali (langjährige Partner des Europäischen BürgerInnen Forums). Die vollständige Liste ist zu finden unter: http://www.africavenir.org/