Gigantische Wasserbecken, Fabriken, Golfplätze: Es gibt viele Einrichtungen, die sich des Wassers bemächtigen und es vergiften. Mehrere Kollektive in Frankreich haben sich 100 Tage Zeit gegeben, um diese Installationen «auszutrocknen».
Die Bewegung «Soulèvements de la Terre» (Aufstände der Erde)(1) hat eine neue Kampagne gestartet, die sich gegen «den Staat und die Agrarindustrie» richtet, «die das Wasser verschmutzen und privatisieren». Die Aktivist·innen haben sich vom 13. Juni bis zum 21. September 2023 Zeit genommen, um alle davon betroffenen Akteur·innen anzusprechen. Zunächst die Institutionen: Wasserbehörden, Regionalräte, Verwaltungen, Ministerien. Dann die Akteure der Agrarindustrie wie die rechte Bauerngewerkschaft FNSEA, aber auch die Konzerne (Pioneer, Océalia, Eureden, Monsanto...). Danach die grossen Unternehmen, die das Wasser privatisieren (Veolia, Suez, Saur...), es in Flaschen abfüllen (Nestlé, Danone) sowie die Industrie (Lafarge, STMicroelectronics, CACG, Eurovia, Colas, TELT...). Und schliesslich die «Luxus-Grabber»: Golfplätze, Yachten, Whirlpools und Schneekanonen. Diese Bestandesaufnahme zeigt, dass die Kämpfe um den Erhalt des Wassers vielgestaltig sind und auf mehreren Ebenen stattfinden. Hier sind fünf Punkte, um zu verstehen, was auf dem Spiel steht:
Die Vereinnahmung des Wassers
Der bekannteste aktuelle Kampf ist wohl der gegen die Monsterbecken im Naturgebiet «Marais Poitevin». Seit fünf Jahren wehrt sich das Kollektiv «Bassines non merci» gegen diese gigantischen Wasserreservoirs, die für die industrielle Landwirtschaft bestimmt sind. In zahlreichen Gebieten Frankreichs sind Riesenbecken in Planung. So wurden im Département La Vienne, im Gebiet von Aume-Couture und in der Provinz Berry, die Antennen von «Bassines non merci» ins Leben gerufen. Hinter diesen Reservoirs steht die diskrete «Compagnie d'aménagement des Coteaux de Gascogne» (CACG), ein Privatunternehmen, das eine Schlüsselrolle bei der Errichtung von Staudämmen, Stauseen und Bassins in Frankreich spielt. Sie war unter anderem für das Projekt des Sivens-Staudamms verantwortlich, der Rémi Fraisse das Leben kostete.(2)
Ein weiteres Thema, das den Aktivist·innen Sorgen bereitet, ist abgefülltes Wasser. In Vittel in den Vogesen und in Volvic im Puy-de-Dôme pumpen die multinationalen Konzerne Nestlé und Danone schamlos das Grundwasser ab, das an sich durch den Klimawandel schon bedroht ist. Bürger·innen-Initiativen wehren sich gegen die Vereinnahmung dessen, was sie als Gemeingut betrachten, und erringen manchmal Siege: In Murat-sur-Vèbre im Departement Tarn musste der Danone-Konzern sein Bohrprojekt für die ihm gehörende Mineralwasser-Firma La Salvetat aufgeben.
Wasserintensive Freizeitaktivitäten
Im Sommer 2022, als eine historische Dürre Frankreich austrocknen liess, haben Kollektive Golfplätze angegriffen. «Während es überall Einschränkungen gibt und etwa hundert Gemeinden mit Tankwagen oder Flaschen versorgt werden, erhalten Golfplätze Ausnahmegenehmigungen, um ihre Grünflächen zu bewässern», prangerte ein Mitglied des Kollektivs Kirikou in Toulouse diese unhaltbare Situation gegenüber Reporterre (3) an. Rund um den See von Gérardmer (Vogesen) wurden von der protestierenden Bevölkerung mindestens fünf Whirlpools angebohrt, was die wachsenden Spannungen zwischen Tourist·innen und Einwohner·innen über die gemeinsame Nutzung der Wasserressourcen verdeutlicht.
Im letzten Winter, der besonders trocken war, sabotierten Aktivist·innen in mehreren Skigebieten Schneekanonen. In La Clusaz wurde eine ZAD (Zone à défendre – eine selbstverwaltete Besetzung eines «zu verteidigenden Gebiets») eingerichtet, um das Plateau von Beauregard zu schützen, das durch den Bau eines fünften Stausees zerstört werden sollte. Sie haben einen ersten Sieg errungen, indem das Projekt ausgesetzt wurde.
Verlassen wir die Berge und begeben uns an die Küste mit ihren riesigen Jachten, die laut dem Soziologen Grégory Salle ein Symbol für die «ostentative Zurückgezogenheit» der Ultrareichen sind. In Cannes und Antibes fanden Aktionen statt, um «die Klimakriminellen zu entwaffnen» und ihre gigantischen Schiffe daran zu hindern, 4000 Liter Benzin pro 100 Kilometer auszuspucken. Schliesslich sei noch auf das grosse Comeback der Surfparks hingewiesen, die man nach heftigen lokalen Widerständen eigentlich schon aufgegeben glaubte. In der Nähe von Bordeaux will ein ehemaliger Star-Academy-Kandidat ein riesiges Wellenbad bauen.
Der Verkehr
Der Bau einer Strasse kann eine Trinkwasserbohrung austrocknen. Die geplante Umgehungsstrasse in Rouen, im Norden Frankreichs, gegen die sich Dutzende von Gruppen wehren, führt durch Trinkwassereinzugsgebiete. Die Verschmutzung hört nicht mit dem Bau der Verkehrsinfrastruktur auf. Sobald diese in Betrieb ist, wird das Regenwasser, das von den Strassen in die Flüsse fliesst, mit Kohlenwasserstoffen und anderen Schadstoffen belastet. Doch nicht nur der Autoverkehr belastet: In der Maurienne hat der Bau des Eisenbahntunnels unter den Alpen zur Verbindung von Lyon und Turin die Quellen einiger Dörfer versiegen lassen.
Seit Jahrzehnten sind Grünalgen eine Plage, welche die bretonischen Küsten erstickt. Trotz dreier Aktionspläne, die von der Region durchgeführt wurden, hat sich die Situation nicht geändert. Die Vereinigung «Eau et Rivières de Bretagne» hat den Staat vor Gericht verklagt und «die wiederholten Versäumnisse des Staates bei der Bekämpfung der Nitratverschmutzung» angeprangert. Doch die Wasserverschmutzung durch Grünalgen ist nicht das einzige Versagen des Staates. Auch das 2008 gestartete Programm «Écophyto», mit dem der Einsatz von Pestiziden innerhalb von zehn Jahren halbiert werden sollte, ist gescheitert. Angesichts des Misserfolges wurde das Reduktionsziel auf 2025 verschoben.
Und «last but not least» sind auch Biogasanlagen eine Quelle der Wasserverschmutzung durch die industrielle Landwirtschaft. Der Inhalt von den Tanks dieser Anlagen läuft regelmässig in Flüsse und Bäche über. So auch im August 2020, als 400 m3 Digestat (4) aus einer bretonischen Biogasanlage oberhalb einer Trinkwasseranlage in einen Fluss gelangten und das Wasser für rund 50 Gemeinden ungeniessbar machten.
Verschmutzung durch die Industrie
Wussten Sie, dass die Produktion von Mikrochips Wasser verbraucht? Und wussten Sie wieviel Wasser? Die STMicroelectronics-Fabrik in der Nähe von Grenoble wird, laut einer Prognose für 2023-2024, 336 Liter pro Sekunde (!) verbrauchen, um die Halbleiter herzustellen, die in den meisten unserer elektronischen Geräte enthalten sind. Das Unternehmen plant, seine Grösse zu verdoppeln, und wird voraussichtlich immer mehr vom blauen Gold anzapfen, was die Besorgnis von Umweltverbänden hervorruft.
Eine weitere Industrie, die unsere Wasserressourcen besonders stark belastet, ist die Betonindustrie. Sandgruben, in denen Sand abgebaut wird, der zusammen mit Zement zur Herstellung von Beton verwendet wird, trocknen das Grundwasser aus, wie zum Beispiel in Saint-Colomban (Loire-Atlantique). Asphaltmischanlagen, gegen die mindestens 15 Kollektive in Frankreich kämpfen, sind ebenfalls eine Quelle der Grundwasserverschmutzung, wie z. B. in Lavilledieu in der Ardèche. Sie verschmutzen auch das Oberflächenwasser. In Paris leitete der Betonkonzern Lafarge absichtlich Abwasser aus einer seiner Fabriken, die sich am Flussufer befand, in die Seine. Auch Lagerstätten für Industrieabfälle werden ins Visier genommen. Im Elsass sind fast 42.000 Tonnen giftiger Rückstände in dem ehemaligen Bergwerk «StocaMine» vergraben, direkt oberhalb der grössten Trinkwasserreserve Europas. In Bure im Departement Meuse soll das geplante Atommülllager über einer Grundwasserreserve errichtet werden.
Schliesslich stellen auch die Minen eine Quelle der Wasserverschmutzung dar. In Französisch-Guayana sind die vielen Goldwäschereien eine Katastrophe für die Flüsse. In Frankreich verschmutzen die alten Stollen aus der Zeit von Germinal trotz aller Dekontaminierungsversuche noch immer das Grundwasser. Zum Glück ist die Ausbeutung von Bodenschätzen in der Tiefsee vorläufig noch nicht genehmigt. Die Folgen einer solchen könnten verheerend für den Meeresboden sein.
Laury-Anne Cholez, Reporterre*
Siehe Archipel Nr. 327, Juli/August 2023
Bei Zusammenstössen mit den Sicherheitskräften in der Nacht vom 25. auf den 26. Oktober 2014 während eines Protestcamps gegen den Staudamm von Sivens im Tarn (Nähe Toulouse) wurde der 21-Jährige Rémi Fraisse Opfer der Explosion einer offensiven Granate, die ein Gendarmerieoffizier abgeschossen hatte. Erst nach neun Jahren Gerichtsverfahren wurde die Verantwortung des Staates für seinen Tod anerkannt.
Reporterre ist eine Nachrichtenseite mit dem Untertitel «das Medium der Ökologie», die sich hauptsächlich mit Umwelt- und Sozialproblemen befasst. Die Zeitung ist frei zugänglich, werbefrei und auf Spenden der Leser·innen angewiesen. Artikel Kirikou: https://reporterre.net/Golfs-sabotes-que-revendique-le-collectif-Kirikou
Ein organisches Material, das durch den Prozess der Methanisierung entsteht.