KIOSQUE: Massenmedien sind für die Masse

von Christoph Pfluger, Herausgeber Zeitpunkt, 21.11.2007, Veröffentlicht in Archipel 153

Die Redaktion hat mich gebeten, etwas über das Magazin Zeitpunkt zu schreiben, von dem dieser Ausgabe ein kleiner Flyer beiliegt. Nachdem wohl niemand Lust hat, ungefragt einen Werbetext zu lesen, versuche ich, Ihnen etwas über die Funktionsweise der Medien im Umweltbereich und die Nöte eines Verlegers einer unabhängigen Zeitschrift über Umwelt, Politik und Alltag zu erzählen.

Die Medien, die sich mit Umweltthemen befassen, liegen in der Schweiz in den Händen der Umweltorganisationen, die damit ihre Mitglieder informieren und nicht zuletzt auch den Spendenfluss am Laufen halten wollen. Das hat den Vorteil grosser Reichweiten, aber auch ein paar gravierende Nachteile:

Umweltorganisationen sind weder selbstkritisch noch kritisieren sie sich gegenseitig. Der grosse Aufwand beim Spendenmarketing, die kartellistische Aufteilung der Interessengebiete oder der politische Opportunismus gewisser Organisationen kommt dadurch nie zur Sprache.

Die Kritik an den Umweltorganisationen und ihrer Politik wird den Rechtsparteien und Interessenvertretern überlassen. Das führt zu einer Polarisierung, die Kräfte verschleisst und Lösungen verunmöglicht.

Die Medienlandschaft im Bereich Umwelt wird von den Zeitschriften der grossen Organisationen beherrscht: WWF, Greenpeace, VCS (Verkehrsclub der Schweiz) sowie einiger mittelgrosser Vereinigungen. Sie alle informieren fast ausschliesslich über ihre eigenen Projekte und Anliegen. Auf der Strecke bleiben die vernetzten Themen (z.B. Wachstumszwang durch Zinswirtschaft) und die kleineren Organisationen, in denen sich die Menschen in der Regel stärker engagieren und in denen auch weniger Bürokratie herrscht.

Durch die kartellähnliche Stellung der grossen Umweltorganisationen erhöht sich der Aufwand der kleinen, an die umweltbewegten Menschen heranzukommen. Über die Projekte kleinerer Organisationen informieren die grösseren fast nur, wenn sie als Partner direkt davon profitieren. Es bleibt fast nur die Schaltung teurer Anzeigen.

Diese Situation ruft eigentlich nach einem unabhängigen Umweltmagazin mit politischer Ausrichtung – dachte ich vor bald 17 Jahren und lancierte den Zeitpunkt. Eigentlich denke ich es immer noch, obwohl mich die Kräfte des Marktes eigentlich fast eines besseren belehrt hätten. Das Überleben in einem Medienmarkt, in dem die Umweltorganisationen ihre Mitglieder mit Papier und Einzahlungsscheinen zudecken und in dem die grossen Verlage 200 Franken und mehr für jedes Abo allein an Werbekosten ausgeben, ist knochenhart. Dass die LeserInnen in diesem Markt vor allem als EmpfängerInnen von Werbebotschaften und als SpenderInnen relevant sind und nicht als Menschen, die selber mitdenken und sich aktiv am Geschehen beteiligen wollen, realisieren die meisten nicht. Sie spüren einfach das Glatte, das Unpersönliche und die Geschäftigkeit, die ihnen in der Medienwelt entgegentritt.

Dass es auch Alternativen gibt, dass mit kleinem Aufwand ehrlicher, spannender und scharf gewürzter Journalismus möglich ist, erfahren viele nur per Zufall. Ein solcher Zufall könnte es zum Beispiel sein, dass dieser Ausgabe ein Flyer des Zeitpunkt beiliegt. Es freut mich, wenn Sie ein inspirierendes Magazin kennenlernen möchten, bei dem die LeserInnen den Abobeitrag frei bestimmen. Veränderungen kann man zwar nicht bestellen, aber die Anregungen dazu.

www.zeitpunkt.ch