Neuerscheinung: Bis an die Grenzen – Chronik einer Migration

von Dieter Behr, 05.06.2011

Fabien Didier Yene, geboren in der Ortschaft Ekombitié, Kamerun. Schulabschluss mit Matura in der Hauptstadt Yaoundé. Nach seiner Auswanderung, die ihn durch zahlreiche afrikanische Länder geführt hat, lebt er heute in Marokko, wo er im März 2008 zum Obmann der Kameruner Emigranten-Gemeinschaft gewählt wurde und sich im Rahmen verschiedener Menschenrechts-Organisationen, darunter das Netzwerk Euro-afrikanisches Manifest, für die Rechte von MigrantInnen und das Recht auf Bewegungsfreiheit einsetzt. "Bis an die Grenzen" ist sein erstes Buch, es erschien 2010 in Frankreich unter dem Titel "Migrant au pied du mur".

Im Februar 2008 lernte Dieter Behr vom EBF den Autor beim marokkanischen Sozialforum in Rabat kennen. Gemeinsam entstand die Idee, Fabiens Buch auch dem deutschsprachigen Publikum zugänglich zu machen. Nach den vielen journalistischen Berichten, die während der letzten Jahre über die Festung Europa erschienen sind, behandelt "Bis an die Grenzen" das Thema aus der Sicht eines Protagonisten der Migration. Die deutsche Übersetzung übernahm Beatriz Graf vom EBF.
In Romanform erzählt Fabien Didier Yene die Geschichte seiner Migration durch Westafrika in den Norden bis an die Grenzen der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla. Es ist eine Geschichte von Grenzregimen und rassistischer Gewalt, aber ebenso von realisierbaren Träumen und der dazu notwendigen Solidarität.

»Ich wünsche euch viel Glück. Geht und rüttelt am Drahtgitter von Melilla.«

Sie marschierten entlang der Berge und kamen zur ersten Stadt nach Oujda: Ahfir. Da sie nichts zu essen hatten, näherten sie sich den Häusern. Die Kinder bewarfen sie mit Steinen, doch der Guide riet ihnen, nicht zurückzuwerfen. Vor einer Hütte brachte ihnen eine alte Frau Brot und Tomaten und legte sie auf den Boden. Fabien konnte das nur schwer verwinden. Warum gab sie ihnen das Essen nicht in die Hand? War es wegen der Hautfarbe oder der anderen Kultur? Sie zeigte ihnen anschließend den Weg nach Nador, natürlich durch die Berge. Der Guide erklärte der Gruppe, dass das besonders nett war von ihr, denn in Marokko gab es ein klares Gesetz: Jeder Marokkaner, der einem Illegalen hilft, wird angeklagt und wegen Beihilfe zur Schlepperei verurteilt. Die Dorfbewohner hätten Mitleid, doch wenn sie helfen, liefen sie Gefahr, von den Nachbarn denunziert zu werden. Manche Dorfbewohner dulden den Aufenthalt von Migranten hingegen nicht. Sie fordern sie auf, so schnell wie möglich weiter zu gehen, die Kinder und die Hunde rennen hinter der Gruppe her. Aber wenn ein Dorfbewohner etwas zu geben beginnt, kommen paradoxerweise auch die anderen mit Kleidern und Lebensmitteln. Dann kann man sich ausruhen, stärken und weitergehen. Manchmal stellen sie viele Fragen, wollen wissen, welcher Nationalität, welcher Religion jemand sei. Dabei stellt sich heraus, dass es den Kontakt erleichtert, wenn man ein Moslem aus Senegal oder Mali ist. So geben sich alle als solche aus, dann kann man in Ruhe in einer Moschee schlafen und am nächsten Tag weiter gehen.

Fabien Didier Yene: Bis an die Grenzen. Chronik einer Migration
Drava Verlag
Aus dem Französischen von Beatriz Graf
Gebunden mit Schutzumschlag, 280 Seiten
Euro19.80; CHF 30.50
ISBN: 978-3-85435-642-4
Zu bestellen bei: www.drava.at, Tel.: +43-463-50 10 99
und unter "Bestellen"