RUMÄNIEN: Nicht mit Gold aufzuwiegen

von Jochen Cotaru, EBF, 21.03.2016, Veröffentlicht in Archipel 246

Rosia Montanà ist gerettet und kommt auf die rumänische UNESCO-Liste! Ein paar Dutzend Bergbauern und Aktivist_innen können es also doch mit einem millardenschweren Industrieprojekt und einer kleptokratischen Polit-Elite aufnehmen. Ein paar Tonnen Gold weniger in der globalen Umlaufbahn, und zweitausend Jahre Kulturgeschichte für die Zukunft bewahrt.

«Dies ist ein grosser Sieg für die Zivilgesellschaft, von Tausenden von Menschen in Rumänien und im Ausland, die die Rettung Rosia Montanà gefordert haben und gegen die Zerstörung von Natur und Kultur auf die Straße gegangen sind», sagt Eugen David, Präsident der Bürgerinitiative Alburnus Maior. Der gelernte Bergbauingenieur, das authentische Gesicht der Kampagne Save Rosia Montanà, kehrte nach der Wende 1990 in sein Heimatdorf zurück und betreibt mit seiner Familie dort seither Landwirtschaft.
Und doch ist es unglaublich. Seit bald fünfzehn Jahren wurde für den Erhalt des Dorfes gekämpft, das sich einer multikulturellen Geschichte par excellence rühmen kann. Anfangs eine römische Siedlung unter dem Namen Alburnus Maior, dann bis heute sichtbare Koexistenz nicht nur rumänischer, ungarischer, deutscher und anderer Sprachen sowie ebenso vieler Konfessionen. Spätestens 2012 war Save Rosia Montanà mehr als eine Umweltbewegung. Als ungeachtet unzähliger Gerichtsurteile die Bukarester Politik – quer durch alle Parteien übrigens – das Projekt zur Errichtung des grössten Goldtagebaus in Europa mit einem Sondergesetz durchboxen wollte, platzte der sonst schweigsamen Bevölkerung der Kragen. Täglich gingen bis zu Zehntausende auf die Strassen, im hippen Bukarest ebenso wie in entlegenen Städtchen. Aus dem Kampf um ein kleines Dorf wurde eine breite gesellschaftliche, politisch wachsame und international solidarisch verankerte Bürgerbewegung.
«Es fehlt nur noch eine Unterschrift»: Diesen Satz bekamen die Aktivist_innen der Save Rosia Montanà immer wieder zu hören, seit 2009 der Antrag um Aufnahme des Ortes im rumänischen Apuseni-Gebirge in die Vorschlagsliste für die UNESCO eingereicht wurde. Und jetzt ging es so schnell, so unkompliziert. So normal. Rechtzeitig zum Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung Rosia Montanà verlautbarten Kultur- und Umweltministerium der aktuellen Expertenregierung unter dem früheren EU-Agrarkommissar Dacian Ciolo’ ihre Entscheidung.
Rosia Montanà ist nun auf der rumänischen Vorschlagsliste zur Aufnahme in die Weltkulturerbe-Liste. Dies ist der erste Schritt für eine neue Arbeit, die von Ortsbevölkerung, Verwaltung und Expert_innen gemeinsam getragen werden muss. Es ist das klare Zeichen der Bukarester Politik gegen die von Korruption und wiederholter Rechtsbeugung begleiteten Bemühungen um das Goldprojekt. Gewiss, es gibt allein in Rumänien sieben weitere umstrittene Vorhaben zum Abbau von Gold und anderen Erzen, besonders das in einem Naturschutzgebiet liegende Certej…
Rosia Montanà ist dennoch ein Mut machendes Beispiel weit über die rumänischen Landesgrenzen hinaus.