SCHWEIZ: AP 2011 - ich hab sie satt!

von Raymond Gétaz (Kooperative Longo Mai), 18.06.2007, Veröffentlicht in Archipel 149

Die Agrarpolitik (AP) 2011 will nicht nur die Hälfte der Bauernbetriebe zum Aufgeben zwingen, die landwirtschaftliche Arbeit auf LandarbeiterInnen verlagern und die Jugendlichen entmutigen, landwirtschaftliche Berufe zu erlernen, sie vergisst auch, dass eine nachhaltige Landwirtschaft auf einer vernünftigen Nutzung der erneuerbaren Ressourcen aufgebaut sein muss

Die Fokalisierung auf kurzfristige «Rentabilität» und den (finanziellen) Ertrag geht auf Kosten der Vielfältigkeit und des Reichtums von Natur und Umwelt und lässt damit lokale und regionale Gegebenheiten ausser Acht, die traditionell mit einer Vielzahl von landwirtschaftlichen und handwerklichen Aktivitäten verbunden sind. So ergeht es auch der Schafwolle, einer wunderbaren Faser, der noch keine vom Menschen geschaffene Materie ebenbürtig ist. Was ist wohl in die Vertreter der Grünen und der Sozialisten gefahren, dass sie im Nationalrat, dem Schweizer Parlament, gegen die Weiterführung der Unterstützung der Wollverwertung gestimmt haben? Der Ständerat (Vertretung der Kantone) hatte doch den Wollartikel (siehe unten) im Landwirtschaftsgesetz bereits angenommen. Nun muss der Ständerat ein zweites Mal darüber befinden, und diesmal empfiehlt ihm seine Wirtschaftskommission die Ablehnung des Wollartikels.

Ohne ein Engagement der Schweizer Regierung landet die Schweizer Wolle wieder auf dem Müll. Wolle gilt nicht als Landwirtschaftsprodukt, geniesst deshalb keinerlei Schutz durch Zölle und wird seit langem zu sehr niedrigen Weltmarktpreisen gehandelt.

Eine von Longo Mai gestartete Petition, eine breite Mobilisierung der öffentlichen Meinung und die parlamentarische Intervention von Theo Maissen, Präsident der SAB (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete), hatten 2003 dazu geführt, dass die Agrarpolitik (AP) 2007 zu Gunsten der Wolle geändert wurde. Der neue Artikel (51bis ) im Landwirtschaftsgesetz ermöglichte unter anderem den Aufbau neuer Initiativen zur Wollverwertung. In Bischofszell entstand so ein europaweit einzigartiges Unternehmen zur Herstellung von Isolationsfilz und -platten, das schon heute mehr als 100 Tonnen Wolle verarbeitet.

Eine Aufhebung des Artikels 51bis in der AP 2011 würde die Wollverwertung in der Schweiz in ihrer Existenz bedrohen und die Anstrengungen der letzten Jahre zunichte machen. Wenn wir jetzt nichts unternehmen, wird die Unterstützung der Wolle im neuen Landwirtschaftsgesetz wieder rückgängig gemacht.

Um dies zu verhindern, haben wir zusammen mit anderen betroffenen Organisationen National- und Ständeräte angeschrieben. Helfen Sie mit! Die ParlamentarierInnen werden in dieser Sache auf Sie hören, schliesslich sind sie in Ihrem Namen in Bern und viele möchten im Herbst wiedergewählt werden. Schicken auch Sie einen Brief (siehe Modellbrief) an die beiden Ständeräte Ihres Kantons sowie an zwei Nationalräte Ihrer Wahl (eine Adressliste von Stände- und Nationalräten sowie den Modellbrief finden Sie auf der Website stoppt-die-landflucht.org).