SCHWEIZ: Kein Persilschein für Frontex

von Claude Braun, EBF Schweiz, 19.06.2022, Veröffentlicht in Archipel 315

Am 15. Mai hat die Schweizer Stimmbevölkerung über den Ausbau der Schweizer Beteiligung an der Europäischen Grenzagentur Frontex abgestimmt.

Bei einer Stimmbeteiligung von lächerlichen 40 Prozent hat eine erdrückende Mehrheit von 71,5 Prozent sich für die Komplizenschaft mit der fortdauernden Brutalisierung der Abschottungspolitik Europas ausgesprochen. Wir berichteten in mehreren Archipel-Nummern über dieses Referendum und werden in der nächsten Nummer einen ausführlichen Bericht über die Kampagne publizieren. Am Ende dieses Textes finden Sie schon einmal den Link zur Medienmitteilung des Referendumskomitees zum Abstimmungsresultat (1).

In der Gesetzesvorlage, über die abgestimmt wurde, ist eine drastische Erhöhung der finanziellen und personellen Unterstützung der Schweiz für den Ausbau von Frontex vorgesehen. Ausschlaggebend für die Annahme der Vorlage war die Verknüpfung, die der Bundesrat und das JA-Komitee zwischen einem NEIN und dem Ausscheiden der Schweiz aus dem Schengener Abkommen herstellten. Ein NEIN hätte, so argumentierten sie, einen automatischen Ausschluss der Schweiz aus Schengen/Dublin zur Folge. Obwohl diese Verknüpfung nicht zwingend bestanden hat, löste diese Vorstellung bei vielen Menschen Verunsicherung und Angst aus. Immerhin konnten wir während der Kampagne einer breiteren Öffentlichkeit die Existenz von Frontex und deren katastrophales Funktionieren bekannt machen. Das Abstimmungsresultat kann nicht als Persilschein für Frontex betrachtet werden. Bis weit in bürgerliche Kreise, mitsamt dem Bundesrat, musste zugegeben werden, dass die Agentur erhebliche Mängel in punkto Kontrollmechanismen, Transparenz und Respekt der Menschenrechte zu verzeichnen hat.

Claude Braun, EBF

  1. https://frontex-referendum.ch/2022/05/15/dieses-ja-baut-mauern-dieses-ja-ist-rassistisch/