Wir, Vertreter·innen der Zivilgesellschaft und von Menschenrechtsorganisationen, verurteilen entschieden die Verhandlungen zwischen den Delegationen der Russischen Föderation und der Vereinigten Staaten von Amerika über die Ukraine, die in Saudi-Arabien stattgefunden haben, sowie die Pläne zur Bildung von Verhandlungsgruppen ohne Beteiligung der Ukraine.
Vereinbarungen über die Ukraine ohne ihre direkte Beteiligung sind nicht nur inakzeptabel, sondern widersprechen auch den Grundprinzipien des Völkerrechts, der Souveränität der Staaten und dem Recht des ukrainischen Volkes, seine Zukunft selbst zu bestimmen.
Solche Abkommen sind grundsätzlich nicht geeignet, um nachhaltigen Frieden und internationale Sicherheit zu schaffen, und verursachen zusätzliche sicherheitspolitische, wirtschaftliche und andere Bedrohungen für Staaten, die sie unterstützen. Dieser Weg wiederholt den fatalen Fehler, den die internationale Gemeinschaft während des Münchner Abkommens von 1938 begangen hat, das, wie sich später herausstellte, die Übergriffe des Aggressor-Staats nicht besänftigte, sondern zu einem noch zerstörerischeren Krieg führte.
Die Ukraine ist kein Objekt, sondern ein souveräner Staat, der von Aggression betroffen ist. Russland führt weiterhin einen umfassenden Krieg gegen die Ukraine und verstösst damit gegen die Grundprinzipien des Völkerrechts, einschliesslich des in der UN-Charta verankerten Verbots der Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Integrität und politische Unabhängigkeit eines Staates. Dies wurde nicht nur durch zahlreiche Entscheidungen internationaler Organisationen anerkannt, sondern auch von der Mehrheit der Länder der Welt unterstützt. Die von der Russischen Föderation begangene Aggression hat bereits zu zahlreichen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und zu einem wahrscheinlichenVölkermord am ukrainischen Volk geführt.
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat bereits Haftbefehle gegen Wladimir Putin, Maria Lwowa-Belowa und andere hochrangige russische Beamt·innen erlassen. Jegliche Verhandlungen mit Vertreter·innen eines Staates, dessen Führung der schwersten internationalen Verbrechen verdächtigt wird, ohne klare Mechanismen, um die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, sind nicht nur unmoralisch, sondern untergraben auch das System des Völkerrechts an sich.
Ohne Gerechtigkeit kann es keinen dauerhaften Frieden geben Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine dauert nicht nur wegen der Gebietsansprüche Russlands auf die Autonome Republik Krim und die Stadt Sewastopol sowie die Oblaste Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson an, sondern auch, weil Russland systematisch fast jede mögliche Norm des Völkerrechts missachtet. Jede «Einigung» ohne eine angemessene internationale Justiz wird nicht nur keinen nachhaltigen Frieden schaffen, sondern auch die Straflosigkeit verstärken und die Voraussetzungen für eine künftige Ausweitung der Aggression und Eskalation sowie für neue Verbrechen schaffen.
Die unzureichende Reaktion von Staaten und internationalen Organisationen auf die Besetzung der Halbinsel Krim und die aggressiven Handlungen im Osten der Ukraine im Jahr 2014 sowie die zahlreichen Verbrechen der Besatzungstruppen und der De-facto-Verwaltung in diesen Gebieten haben bei der russischen Führung ein Gefühl der Straflosigkeit hervorgerufen. Diese Tatsache wiederum führte zum Versuch der vollständigen russischen Invasion der Ukraine und zu Massengräueltaten gegen das ukrainische Volk in noch viel grösserem Umfang. Aussagen über die Möglichkeit eines Waffenstillstands, ohne die Frage der Verantwortung und der Sicherheitsgarantien anzusprechen, sind gefährlich. Russland hat bereits frühere «Friedensabkommen» genutzt, um sich neu zu formieren und sich auf eine neue Offensive und eine fortgesetzte Aggression vorzubereiten. Seit Beginn der Aggression im Jahr 2014 hat dieses Land nicht nur systematisch gegen die Normen des Völkerrechts verstossen, sondern auch gegen seine eigenen Verpflichtungen aus unterzeichneten Abkommen. Es gibt keinen Grund, auf eine Änderung der Vorgehensweise Russlands zu hoffen und zu erwarten, dass es sich an neue Vereinbarungen halten würde. Daher muss jede Einstellung der Feindseligkeiten auf den Grundsätzen des Völkerrechts basieren, wozu auch die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen für internationale Verbrechen gehört.
Politische Manipulationen
Wir betonen, dass eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine unzulässig ist. Jegliche «Pläne», die Wahlen in der Ukraine als Voraussetzung für eine «friedliche Lösung» vorzusehen, stellen eine grobe Verletzung der Souveränität der Ukraine dar. Keine externe Macht ist berechtigt, der Ukraine politische Entscheidungen aufzuzwingen, insbesondere im Zusammenhang mit der anhaltenden Aggression und Besetzung eines Teils ihres Territoriums. Darüber hinaus gefährden Wahlen unter Kriegsbedingungen das Leben der Wähler·innen, machen es den ukrainischen Verteidiger·innen unmöglich, sich ordnungsgemäss am Wahlprozess zu beteiligen, und stellen infolgedessen die Legitimität aller auf diese Weise gewählten Behörden in Frage.
In diesem Zusammenhang fordern wir von
- Staaten und anderen Völkerrechtssubjekten, von Verhandlungen ohne direkte Beteiligung der Ukraine abzusehen und sich an den Grundsatz «Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine» zu halten.
- anderen Menschenrechts- und internationalen Organisationen, solche Verhandlungen ohne Beteiligung der Ukraine zu verurteilen und zu fordern, dass die Verantwortlichen für internationale Verbrechen vor Gericht gestellt werden.
- den Mitgliedstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs, die Vollstreckung von Haftbefehlen gegen Personen sicherzustellen, die für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich sind, darunter Wladimir Putin.
- den Regierungen der UN-Mitgliedsstaaten, die sich an die UN-Charta halten und an der Wahrung der Grundsätze des Völkerrechts interessiert sind, ihre Unterstützung für die Ukraine zu verstärken, da dies der einzige wirkliche Weg ist, den Krieg unter fairen Bedingungen zu beenden, sowie ihren Sanktionsdruck auf Russland zu verstärken, einschliesslich zusätzlicher Beschränkungen für Unternehmen, die mit dem russischen militärisch-industriellen Komplex zusammenarbeiten.
Wir betonen, dass ein gerechter und dauerhafter Frieden nur durch die Wiederherstellung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine sowie durch die unvermeidliche Bestrafung derjenigen, die sich schwerster internationaler Verbrechen schuldig gemacht haben, möglich ist. Jegliche Versuche einer «Versöhnung» ohne die Ukraine und ohne Gerechtigkeit für die Überlebenden und Opfer sind nicht nur inakzeptabel, sondern auch gefährlich für die gesamte internationale Rechtsordnung.
Erklärung zivilgesellschaftlicher Organisationen zu den Verhandlungen zwischen den USA und Russland, Februar 2025
Erstunterzeichnet von: Coalition «Ukraine. 5 AM», Truth Hounds, Human Rights Centre ZMINA, Crimean Human Rights Group, Kharkiv Institute for Social Research, CrimeaSOS, The Reckoning Project, Almenda Centre for Civic Education, Legal Advisory Group, Human Rights Centre «Diya», NGO of People with Disabilities «Fight For Right», Media Initiative for Human Rights, CO CF Stabilization Support Services, Crimean Process, Ukraine Without Torture, Blue Bird, Human Rights Platform, Institute of Mass Information (IMI), Digital Security Lab, Pylyp Orlyk Institute for Democracy, Progressive Group of Frankivtsi, Ukrainian Institute of Media and Communication, Detector Media, Institute of Regional Press Development, Ukrainian Legal Advisory Group, FREERIGHTS, Association of Relatives of Kremlin Political Prisoner, Crimea Human Rights House, Public Holding «Influence Group», Educational Human Rights House – Chernihiv, Centre Social Action, Institute of Regional Press Development, Fundamental Research Support Fund, World Organisation Against Torture
Wir bitten unsere Kolleginnen und Kollegen dringend, diese Erklärung zu unterstützen und zu verbreiten. Um Ihre Organisation in die Liste der Unterzeichner·innen aufzunehmen, füllen Sie bitte ein kurzes Formular aus: www.forms.gle/rmQWSRo4QsHWm17x9
Die Liste der Organisationen, welche die Erklärung unterstützt haben, wird entsprechend aktualisiert.